Zur Eröffnung der 1. Kinder- und Jugend-Triennale des Burgenlandkreises im Kunstverein BRAND-SANIERUNG e.V.
Die BRAND-SANIERUNG trägt nicht von ungefähr diesen Namen, denn sie hat genug Erfahrungen mit Bränden gemacht - sichtbaren Bränden in der alten Schuhfabrik hintenan und jeder Menge unsichtbarer Brände, die mit Hilfe von mutigen und engagierten Menschen, Stadtparlamentariern oder Förderern, wie der der WVW, den Stadtwerken oder der Sparkasse vorerst saniert werden konnten, damit es hier weitergehen kann. Kein schöneres Wortparadoxon ist uns damals vor 16 Jahren eingefallen, als hier die erste Kunstausstellung eingezogen war, das ausgebrannte leergewohnte Haus mittels Kunst saniert wurde.
Von Anfang an waren es nicht nur die arrivierten Künstler, die hier ausgestellt haben, sondern immer auch junge Künstler, die noch nicht in der großen Kunst angekommen waren. Die erste Schülerausstellung zeigte originelle Stuhlobjekte und große Pappmachèfiguren von Schülern der Landesschule Pforta und des Goethegymnasiums. Jungen Talenten eine Plattform zu geben, lag uns von Anfang an am Herzen, als wir 2009 den Verein gründeten und ist ein wichtiger programmatischer Punkt geworden.
2016 und 2017 gelang es uns dann erstmals unter der Schirmherrschaft der Sparkasse Burgenlandkreis, jeweils eine Schule aus unserer Stadt einzuladen, um hervorragende Schülerarbeiten zu zeigen. Die besten 20 Arbeiten wurden von einer Jury ausgewählt und prämiert. Im aktuellen Almanach der BRAND-SANIERUNG sind die Preisträger nachzulesen und dieses oder jenes Bild noch einmal zu bestaunen.
Warum sollte das, was sich für eine einzelne Schule hier so gut bewährt hat nicht auch für alle Schulen im Landkreis möglich sein? Warum keine Kinder- und Jugend-Triennale nach dem großem Vorbild der wichtigsten Kunstausstellung in Sachsen-Anhalt Süd?
Dank des Zuspruchs durch unseren Landrat und der Förderung durch den Burgenlandkreis ist es uns nun gelungen, die 1. Kinder- und Jugendausstellung hier zu eröffnen. 34 Schulen des Landkreises wurden angeschrieben, und ich war sehr überrascht, dass 16 Schulen die Einladung ernst genommen und jeweils 20- 30 Arbeiten ihrer Schützlinge eingereicht haben. Wissen wir doch alle, dass Kunsterzieher Mangelware sind, die Lehrer erschöpft und sich das Papier auf den Schreibtischen der Schulleiter geduldig stapelt oder die E-Mail-Postfächer überquellen. Ein normales Menschengehirn kann all das kaum noch sichten und verantwortungsvoll bearbeiten. Umso erstaunlicher also, dass Kunstlehrer reagiert haben. Dafür gilt Ihnen allen ein großes Dankeschön!
Leicht ist es der fünfköpfigen Jury aus Künstlern und Kunsterziehern nicht gefallen, von ca. 400 Arbeiten die besten 180 auszuwählen, und noch schwerer ist es gewesen, die besten 20 zu prämieren. Sicherlich wird dieser oder jener auch enttäuscht sein, dass seine Arbeit nicht dabei ist und fragt sich, nach welchen Kriterien die Jury ausgewählt hat.
Lassen Sie mich deshalb noch einmal darauf verweisen, warum uns die Kunst so wichtig ist und wir nicht früh genug anfangen können, auf eine ästhetische Bildung zu setzen.
Wir leben inzwischen in einer Welt, die in rasanten Schritten der totalen Abstraktion entgegensteuert, wo das Verhältnis zum Gegenüber und zur eigenen Geschichte zunehmend gestört ist und es uns immer schwerer fällt, einen Sinn hinter den Dingen dieser Welt zu finden. Deshalb scheint es dringender denn je, das Ruder herumzureißen und eine differenzierte Wahrnehmung herauszubilden. An der Kunst lässt sich die gesamte Geistesgeschichte einer Epoche festmachen und nirgends kann man den Menschen in seiner Sinngebung deutlicher erkennen als an der Kunst.
Ein Bild ist immer ein ganzer Kosmos! Es spricht eine Sprache, die jeder verstehen kann, wenn er bereit ist, sich darauf einzulassen und einen „Vorschuss an Sympathie“ dafür mitbringt. Und dafür hat sich auch die Jury entschieden. Nicht die didaktische Übung und das Experimentieren, die natürlich auch dazugehören, sondern das Bild in seiner Natürlichkeit und Ganzheit waren für uns ausschlaggebend. Arbeiten zu zeigen, in denen die eigene Anschauungskraft zum Tragen kommt, die Schüler IHRE Formensprache entwickeln konnten und das Recht auf einen eigenen Ausdruck geltend gemacht haben war, unser Ansinnen.
Dass sich sehr viele Schüler auf ihre eigene Ausdruckskraft besinnen können und ihnen hervorragende Arbeiten gelungen sind, zeigt diese wunderbare Ausstellung. Sehr beeindruckt hat mich persönlich der Klassensatz mehrfarbiger Farblinolschnitte der Klasse 10a der Sekundarschule Bad Bibra. Die Schüler haben sich seit der 7. Klasse mit Porträts verschiedener Epochen und mit Linolschnitt beschäftigt. Das ist außergewöhnlich. Umso erstaunlicher, dass diese tiefgründige Auseinandersetzung mit dem Thema und mit der Technik in solchen gelungenen beachtlichen Arbeiten gefruchtet hat. Einzigartig sind auch die Kaltnadelradierungen, die Frau Trummer im Lebek-Zentrum Zeitz mit Schülern der Pestalozzischule, einer Sonderschule, erarbeitet hat, und an denen die Auseinandersetzung mit der höfischen Geschichte von Zeitz deutlich wird.
Dass gerade Jungen nicht nur eine Affinität zum Werkzeug haben, sondern auch sehr sensibel mit Grauwerten arbeiten können, beweisen die kompositorisch gelungenen Werkzeugstillleben der Gymnasiasten vom Agricolagymnasium aus Hohenmölsen.
Eine schöne Poesie und Kraft entwickelten Sechsklässler der Freien Schule Jan-Hus aus Naumburg in ihren großformatigen Kratztechniken.
Die Schüler des Goethegymnasiums beeindrucken immer wieder im Umgang mit Pastellstift, wie an den Porträts und Tierbildern in Ölpastell zu sehen ist.
Auch in der Handhabung mit Kohle sind zwei junge Meisterinnen in der Ausstellung zu finden – Laura Franke vom Domgymnasium Naumburg, die gleich mit drei Arbeiten vertreten ist und Helena Richter vom Burgenlandgymnasium Laucha.
Die Neustadtschule , die im vergangenen Jahr hier zu Gast war , überzeugt immer wieder mit Federzeichnungen, so auch diesmal mit den entzückenden Katzen und Eulen und Illustrationen zu „Die Borger“.
Die Vielfalt der Techniken und die Breite der Themen, die Beteiligung der unterschiedlichen Altersgruppen aus verschiedenen Schulen macht die Schau einzigartig und interessant. Dabei unterscheidet die Kunst nicht zwischen Gymnasium und Sekundarschule, sie verbindet Menschen aller Milieus und Herkünfte miteinander.
Zurück zur BRAND-SANIERUNG. Jean Cocteau stellte sich einmal die Frage: Was würdest du zuerst retten, wenn dein Haus in Flammen steht? Die Flammen natürlich, was sonst!
Möge die 1. Kinder- und Jugend Triennale zur Initialzündung werden und dem genius loci folgend im Burgenlandkreis zu lodern beginnen und sich noch mehr Schulen ansprechen lassen, den besten Talenten die Türen zu öffnen. Der Weg über die Schule ist dabei nicht bindend, aber eine Stütze. Es ist uns zu wünschen, dass das Verhältnis zur Kunst in unserer Region gestärkt wird und die nächste „kleine“ Triennale vielleicht in Zeitz, Naumburg oder Freyburg eine noch schöner und umfangreichere sein wird.
Lassen Sie mich kühnen Mutes zum Schluss weitergreifen. Ein Grundstein für die junge Kunst ist nun gesetzt. Wir träumen weiter von einer Jugendkunstschule für den Burgenlandkreis und bleiben „tapfer und heiter in den Gefahren der Zeit“.
Christina Simon